Im Gespräch mit Thomas Schulz: „Interim Manag...
Im Gespräch mit Thomas Schulz

„Interim Manager werden jünger – und weiblicher“

RAU INTERIM
Thomas Schulz, Geschäftsführer Rau Interim Management
Thomas Schulz, Geschäftsführer Rau Interim Management

Auf der Chefetage darf gerade in Corona-Zeiten kein Vakuum entstehen – zu schnell kann derzeit aus der Krise eine unternehmerische Katastrophe werden. In dieser Lage helfen Führungskräfte auf Zeit, sagt Thomas Schulz, Geschäftsführer der RAU | INTERIM GmbH. Und er ist zuversichtlich, dass sein Geschäft auch nach der Pandemie weiter kräftig wachsen wird..

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Herr Schulz, im Covid-Nebel sollte ein Betrieb nicht führungslos treiben, doch mancher scheut aktuell die Festanstellung teurer Fachkräfte – paradiesische Zeiten für Interim Manager, möchte man meinen. Sind Sie Profiteur der Pandemie?

So generell stimmt das für die Anbieter von Interim Management nicht, denn zum einen muss in all den Wirtschaftszweigen, die komplett lahmgelegt sind, nicht jede Vakanz auf Leitungsebene sofort wiederbesetzt werden. Und zweitens ist ein Interim Manager – wenn man nur das reine Entgelt in der Festanstellung mit dem Tagessatz vergleicht, was natürlich keine valide Berechnung ist – nahezu doppelt so teuer wie ein fest Angestellter, weshalb die Entscheidung für eine solche Lösung auch kein Selbstläufer und auch erklärungsbedürftig ist. Aber mit unserer Spezialisierung auf die Food-Branche, die ja systemrelevant ist, sind wir bislang recht gut durch die Corona-Ära gekommen.

Wieso fokussieren Sie sich auf eine einzelne Branche – und dann ausgerechnet auf die Lebensmittelindustrie?

Ich bin ein Fan von Spezialisierung, und zwar aufgrund meiner Erfahrung auf beiden Seiten, als Personalchef in der Food-Branche und als Provider von Time Management: Nicht mit einer breiten, sondern mit einer tiefen Marktkenntnis lässt sich die Personalsuche heutzutage am besten lösen. Die Anfragen werden nämlich immer spezifischer. So lautet die erste Priorität für einen benötigten Manager oder eine Managerin zum Beispiel „Lebensmittelbranche“, die zweite „Milchindustrie“ und die dritte „Technischer Leiter“. Je spitzer ich liefern kann, desto besser.

Der Fachkräftemangel könnte diesem hohen Anspruch allerdings den Boden entziehen...

...in der Tat wird die Bereitschaft zu Kompromissen größer, weil die Not größer wird. Es mangelt uns in Deutschland ja nicht nur an Fachkräften, sondern eben zunehmend auch an Führungskräften. Und dieser Trend wird sich verstärken: Wenn jetzt keiner mehr Bäcker oder Molkereifachmann werden will, fehlt in zehn bis zwanzig Jahren einer ganzen Branche die erste und zweite Führungsebene, die das Fach von der Pike auf gelernt hat.

Wie wirkt sich der personelle Engpass auf den Markt für Interim Management aus?

Die stabile Nachfrage trifft auf ein tendenziell knapper werdendes Angebot, so dass erfahrene Führungskräfte beste Aussichten auf regelmäßige Einsätze als Chef auf Zeit haben. Das führt dazu, dass manche bereits mit Mitte 30 sagen: „Ich will frei sein – die Karriere im Konzern, mit festen Hierarchien und langen Entscheidungswegen, brauche ich nicht!“ So werden die Interim Manager immer jünger – und auch mehr Frauen entscheiden sich für diese Form der Selbstständigkeit. Dies gilt insbesondere in den Bereichen Marketing und Human Resources. Für eine Werksleitung sind die Kandidaten eher 50 plus, und da Erfahrung Gold wert ist, hat auch mein ältester Experte mit 72 Jahren durchaus noch Chancen auf Einsätze.

Wie finden Sie die passenden Frauen und Männer für Ihr Personal-Portfolio?

Da wir eng mit RAU | CONSULTANTS kooperieren, die schon seit vier Jahrzehnten Fach- und Führungskräfte für dauerhafte Positionen vermitteln, treten viele Kandidaten auf der Suche nach einer zeitweisen Projektaufgabe von sich aus an uns heran oder werden empfohlen. Wenn der Lebenslauf und die Ziele spannend klingen, führe ich ein prospektives Interview. Das Gespräch dauert exakt eine Stunde, egal, ob es sich um einen Qualitätsmanager handelt, der in der Festanstellung vielleicht etwa 60.000 Euro im Jahr verdient hat, oder eine Geschäftsführerin mit einem Jahresentgelt in der Festanstellung von 600.000 Euro. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage „Was ist für Sie wichtig – wofür brennt Ihr Herz?“

Und was antwortet darauf eine ambitionierte Führungskraft?

„Ich habe Lust darauf, in einem komplizierten Umfeld disruptiv tätig zu sein und für das Unternehmen einen messbaren und dauerhaften Erfolg zu erzielen“, wäre eine vielversprechende Antwort. Von zentraler Bedeutung ist für mich aber seine Haltung: Denken-Sagen-Tun muss kongruent sein. Wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin dann noch erklärt, einen Mehrwert für das Unternehmen generieren zu wollen, dabei aus den vielfältigen eigenen Erfahrungen schöpfen zu können und deshalb weiß, wo es schwierig wird, ist die Basis für einen gemeinsamen Start gelegt.

Was für eine Aufgabe erwartet dann den Interim Manager typischerweise?

Häufig rufen Kunden an, wenn die Luft bereits brennt: „Das IFS-Audit steht vor der Tür!“, lautet beispielsweise der Hilferuf, um die Arbeitsabläufe noch rechtzeitig gemäß International Food Standards auszurichten. Oder der HR-Bereich muss neu aufgestellt oder im Finanzbereich ein ERP System eingeführt werden. Oder der Leiter eines Werkes wird gesucht, weil die Overall Equipment Efficiency nur bei 40 liegt, aber eigentlich 85 erreichen sollte.

Interim bedeutet ja nur Zwischenlösung – wie lange dauert die Überbrückungsphase gewöhnlich?

So wie meine Kunden vom deutschen Startup bis zum traditionsreichen, europaweit tätigen Konzern reichen, so unterschiedlich sind die Aufgaben und die Einsatzdauer. Die Spannbreite reicht von wenigen Tagen bis zu einem Jahr. Als Richtwert dienen 60 Tage: Das ist die Grenze von Kurz- zu Langzeit-Einsatz – und das ist auch ein relevanter Schwellenwert für die Berechnung des Honorarsatzes. 


Zur Person

Thomas Schulz (50) führt seit 2015 die RAU | INTERIM GmbH in Warburg und Köln . Diese versteht sich als erste Vermittlungsagentur im deutschsprachigen Raum, die ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie und ausschließlich auf Interim Lösungen fokussiert ist. Als Personalmanager, Trainer, systemischer Berater und Rechtsanwalt verfügt Schulz über eine langjährige industriespezifische Erfahrung. Seine Beratungsphilosophie beruht auf Transparenz und Austausch auf Augenhöhe im Dreiecksverhältnis zwischen Unternehmen, Manager und Provider. Das Credo dabei: Die richtigen Menschen mit den wichtigen Aufgaben zusammenbringen.


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